Komitee für Igelschutz e.V. Hamburg
Gemeinnütziger Verein
für Tier- Arten- und Umweltschutz

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Schnecken - ihre Vielfalt und biologische Bekämpfung
Igel - Journal Nr. 16

von Anne Klecker und Dr. Thomas Bücher

Schäden an Gemüse und Zierpflanzen im Haus- und Kleingarten verursachen hauptsächlich Nacktschnecken wie die Gartenwegschnecke (Arion distinctus, A. hortensis), die genetzte Ackerschnecke (Deoceras reticulatum) und die Spanische Wegschnecke oder Kapuzinerschnecke (Arion lusitanicus MABILLE 1868). Letztere ist ein Kulturfolger, der ursprünglich eine lokale Art der westlichen Iberischen Halbinsel war. Von Menschen wahrscheinlich in den 60er Jahren mit Gemüsetransporten unabsichtlich verbreitet, ist sie heute in ganz Europa anzutreffen. Aufgrund ihrer großen Nachkommenschaft (Gelegegröße bis zu 400 !) hat sie die übrigen Nacktschnecken verdrängt und wird heute allgemein als Schädling angesehen.

Nacktschnecken schädigen im Garten Samen, Blätter, Stängel, Blüten und Früchte sowie manchmal auch Wurzeln. Sie haben im Laufe der Evolution ihr Gehäuse zurückgebildet. Ihre Lebensdauer beträgt in der Regel ein Jahr; bei anderen Arten ist eine schnellere oder langsamere Entwicklung möglich. Der Lebenszyklus der kleineren Schneckenarten ist recht ähnlich. Jungtiere findet man hauptsächlich von April bis September, ausgewachsene Schnecken von Mitte Juli bis Mitte Februar. Eier sind von September/Oktober bis Mai zu entdecken. Je nach Witterung kann sich der Lebenszyklus verschieben. In feuchten kalten Jahren sind Jungtiere während des ganzen Jahres vorhanden.

Schnecken sind sehr feuchtigkeitsbedürftig und besitzen keinen wirksamen Verdunstungsschutz. Die Austrocknungsgefahr zwingt sie deshalb, nachts, nach Regenfällen und nach gleichmäßiger Bewässerung des Bodens aktiv zu sein und an den Kulturpflanzen zu fressen. Dabei werden niedrige bis mittlere Temperaturen bevorzugt. Ein Wasserverlust von > 20 Prozent führt zum Absterben. Der Aktionsradius der meisten Schnecken beträgt selten mehr als 1,5 m.

Alle Schnecken sind Zwitter und bilden zuerst männliche Keimzellen aus. Nach der Paarung setzt dann die weibliche Phase ein, in der die Eier ausgebildet werden. Diese werden in einer Anzahl von bis zu 200 in einer Nesthöhle abgelegt. Ist man gezwungen, Maßnahmen zur Nacktschneckenbekämpfung zu ergreifen, gilt es zu berücksichtigen, dass eine Bekämpfungsmaßnahme alleine nicht ausreicht. Nur deren Kombination führt zu einer deutlichen Verringerung des Schneckenbefalls. Gegenwärtig stehen die folgenden Methoden zur Verfügung: Schneckenzaun + Bierfalle oder Schneckenkorn + Schneckenkorn oder Schneckenzaun + Absammeln +Nematoden oder Absammeln unter Gemüsefliegennetzen usw.

Immer wieder sehr kontrovers diskutiert wird der Einsatz von Schneckenkorn im Rahmen der chemischen Bekämpfung. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass nur Fraßgifte zugelassen sind. Neudorf-Schneckenkorn "Ferramol" mit dem Wirkstoff Eisen-III-Phosphat zeigte bei Versuchen eine gleich gute Wirkung wie Metaldehyd-Präparate, ist aber deutlich unbedenklicher im Rahmen der Nahrungskette. Untersuchungen über die Gefahr der Sekundärvergiftung bei Igeln durch metaldehydvergiftete Ackerschnecken der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Münster haben ergeben, dass durch die Anwendung von Metaldehyd-Schneckenkörnern Igel mit vergifteten Schnecken und Schneckenkörnern in Berührung kommen können. Die Versuche haben aber auch gezeigt, dass gesunde erwachsene Igel 200 vergiftete Ackerschnecken verzehren können, ohne dass bei ihnen Vergiftungserscheinungen auftreten. Außerdem besteht eine Ungiftigkeit für Laufkäfer. Wegen der guten Umweltverträglichkeit sollte "Ferramol" bevorzugt werden. Generell gilt es, Haustiere von Schneckenkorn fernzuhalten. Das Auslegen in Köderstationen (Bierfallen, Tonröhren) vermindert die Gefahr von Überdosierungen, das Einwaschen des Wirkstoffes in den Boden und die Aufnahme durch Tiere.

Ein besonderes Augenmerk kommt der rein biologischen Bekämpfung der Schnecken durch Laufenten, Hühnern und anderen Gegenspielern zu. Natürliche Feinde der Nacktschnecken sind Igel, Spitzmaus und Kröte. Durch Anlegen von Verstecken in Steinmauern, Reisighaufen, Igelburgen etc. oder entsprechenden Winterquartieren sollten die natürlichen Feinde gefördert werden. Die Vogelarten erbringen eine deutliche Reduktion der Schneckenpopulation; sie fressen aber auch an Gemüsepflanzen. Sie sollten deshalb vor dem Säen und nach der Ernte weiden können. Außerdem benötigen sie eine Unterkunft für die Nacht, was ihre Haltung aufwendiger gestaltet. Zudem können sie gefährliche Salmonellen übertragen. Bei nur kleinen Flächen bleibt das Absammeln die sicherste Bekämpfungsmethode. Man legt Schlupfwinkel an, indem man alte Bretter als Wege zwischen den Beeten, Hohlzigel, Säcke, ausgehöhlte Pampelmusenhälften oder ähnliches und große Blätter (z.B. Rhabarber) flach auf dem Boden auslegt. Somit ermöglicht man sich tagsüber ein leichtes Auffinden und Absammeln zahlreicher Schnecken.
Eine sehr interessante Möglichkeit der Schneckenbekämpfung ergibt sich durch den Einsatz des muskelpathogenen Nematoden Phasmerhabditis hermaphrodita vor der Aussaat. Dieser Fadenwurm wird in Deutschland von zwei Firmen kommerziell angeboten znd befällt ausschließlich Schnecken.. Die nur 1 mm großen Nematoden sind mit bloßem Auge kaum erkennbar. Sie wirken sehr gut auf die Genetzte Ackerschnecke; mit höherer Dosierung unterbanden sie bei der Gartenwegschnecke die Nahrungsaufnahme. Eine Wirkung gegen die Spanische Wegschnecke war hingegen nicht gegeben.

Die Nematodenart ist mit verschiedenen Bakterien wie Pseudomonas fluorescens und Providencia rettgeri vergesellschaftet und dringt durch eine Körperöffnung am hinteren Ende des Mantelschilds in die Schnecke ein. Die die Schnecke infizierenden Bakterien werden abgegeben, der Mantelschild schwillt an und das Tier verendet. Dazu zieht es sich häufig in das Erdreich zurück, so dass man abgetötete Tiere selten findet. Der Nematode vermehrt sich in der Schnecke, wobei eine Anwendung ca. 6 Wochen wirkt. Gehäuseschneckenarten werden nicht infiziert.

Anmerkung der Redaktion:
Nicht alle Nacktschnecken richten im Garten Schäden bei den Pflanzen an. Die Große Egelschnecke (Limax maximus, auch Großer Schnegel oder Tigerschnegel genannt) frißt keine Pflanzen. Im "Kosmos-Tierführer" haben wir gelesen: Die Tiere fressen Pilze und Aas, jagen aber auch sehr erfolgreich andere Nacktschnecken. Sie können 2 - 3 Jahre alt werden. Also bitte im Garten belassen.

Egelschnecke
Rote Wegschnecke