Komitee für Igelschutz e.V. Hamburg
Gemeinnütziger Verein
für Tier- Arten- und Umweltschutz

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Igelweibchen

Zur Problematik der Aufnahme von Igelweibchen
während des Sommers und frühen Herbstes

Jeder erfahrene Igelbetreuer wird das ungute Gefühl im Magen kennen, das sich einstellt, wenn im Sommer bzw.frühen Herbst kranke Igelweibchen gefunden werden.
Kann man sie stationär aufnehmen? Ist die Igelin vielleicht säugend oder trächtig?

Selbst bei säugenden Igelinnen geben Zitzen nicht immer Aufschluss auf die vorhandene Milchproduktion. Manchmal ist ein Milchhof umdie Zitzen zu erkennen. Bei tragenden Igelinnen besteht für erfahrene Betreuer die Chance, das eine oder andere Junge evtl. zu ertasten, aber eben nur mit viel Glück.

Demzufolge sollten also nur schwerkranke bzw. verletzte Weibchen aufgenommen werden.

Wenn eine stationäre Aufnahme unerläßlich ist, gelten unbedingt folgende Regeln:

  1. Wird eine verletzte Igelmutter in den Monaten Juli bis Oktober gefunden, ist im gewissen Umkreis über 6 Stunden zu beobachten, ob das Fiepen der Jungen nach der Mutter zu hören ist. Dann müssen die Jungen unverzüglich der Mutter zugeführt werden.
  2. Mittel gegen Innenparasiten mit dem Wirkstoff "Levamisolhydrochlorid" können zu Früh- bzw. Totgeburten führen oder im Frühstadium der Trächtigkeit schwere Missbildungen bei den Jungen hervorrufen. Solche Medikamente dürfen deshalb nur bei zwingender Behandlung eingesetzt werden, niemals jedoch obligatorisch nach dem Motto: "Jeder Igel hat Lungenwürmer". Das gilt im übrigen auch bei allen anderen Igeln als grober Therapiefehler !!!
    Bei schwerer Atmung kann man bereits den Lungenwurmlarvenbefall erkennen, indem die Stacheln sich stark Richtung Kopf bewegen, wenn der Igel ruhig sitzt.
  3. Narkosemittel nur verabreichen lassen, wenn es unbedingt erforderlich ist, denn auch hiermit können Früh- oder Totgeburten provoziert werden.

Nun wird sicher mancher Igelfreund fragen, ob er ein Igelweibchen bei diesen Problemen überhaupt aufnehmen und behandeln soll. Sicher gibt es darauf keine Patentantwort. Wir Betreuer haben uns nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, das Leben der Igelin über das der Igelsäuglinge zu stellen, weil:

  • der erwachsene Igel gezeigt hat, dass er als Wildtier durchaus überlebensfähig ist, was die Säuglinge erst noch beweisen müssten (hohe Sterberate während des ersten Lebensjahres),
  • durch die Schwierigkeit, die Trächtigkeit des Tieres festzustellen, könnte eine Unterlassung der medizinischen Versorgung den unnötigen Tod der Igelin bedeuten.

Eine schnelle ambulante Behandlung ist manchmal möglich:

Bei einer säugenden Igelin mit eitrigem Abszess sollte dieser nur gesäubert und gespült werden ohne Verabreichung von Antibiotika. Das Weibchen wird sofort nach der Behandlung am Fundort wieder ausgesetzt. Wenn eine Igelin täglich an einen Futterplatz kommt, kann der Abszess regelmäßig kurz behandelt werden, ohne das Mutter-/Kindverhältniszu beeinträchtigen.

Die stationäre Aufnahme würde erst dann erfolgen, wenn ihre Jungigel ausgebildete Zähne haben, von der Mutter entwöhnt und selbständig sind. Dann haben die Jungigel ein Gewicht von 130 Gramm.

Die medikamentöse Versorgung (z.B. mit Antibiotika oder Entwurmungsmittel) wird, wenn möglich, auf diesen Zeitpunkt verschoben.

Sollte der Zustand des Igelweibchens aber so kritisch sein, dass keine Verzögerung mehr möglich ist, wird die medizinische Behandlung unverzüglich eingeleitet und durchgeführt.

02-2006